Es ist April und der Gasthof Gellnwirt hat seine Pforten für seinen Saisonurlaub verriegelt. Alljährlich steht das Familienwochenende am kollektiven Plan. Letztes Jahr packte die Familie ihre Koffer und radelte die weite Strecke von Tamsweg in die Wachau. Voll freudiger Erwartungen auf den Frühling und die wunderschöne Marillenernte konnten wir den letztjährigen Ausflug gar nicht erwarten – und fanden uns alsbald bei Minusgraden, Wind und Schneeregen in der bekannten Weinregion wieder.
Lies hier über unsere 2 Tage in der Wachau >>
Umso gespannter waren wir heuer auf das bevorstehende Familienwochenende! Und zu allem Überfluss, traf es heuer uns beide mit der Planung. Was ganz simpel klingt, ist es nämlich gar nicht und das weiß jeder, der schon einmal versucht hat, für mehr als 2 Personen einen Ausflug zu organisieren. Auch unser Grüppchen braucht etwas Aufmerksamkeit und Planung. So gilt es doch etwas für bespaßungswütige Kinder, flanierende Genusssüchtler, kulinarische Gaumenfetischisten und ruhige Weinsenierer zu finden. Kultur soll gegeben sein, aber nicht zu viel und die Aus der Ausflugsort soll von allen Wohnorten gut und einfach zu erreichen sein.
Erstaunlich, wie man 16 Tage Thailand individuell mit dem Handy und WLAN buchen kann, aber bei einem Familienwochenende sang- und klanglos scheitert. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass man als Schweigertiger immer alles perfekt machen möchte – man weiß es nicht. Jedenfalls brauchte es hier professionelle Hilfe und fand diese in Form der klassischen Anfrage bei einem Tourismusverband. Und bitte, ich sag es euch, war ich froh! So fiel, dank der verständnisvollen Antwort, die Wahl rasch auf das so postkartenidyllische Salzkammergut. Es schien am Blatt Papier mehr als perfekt – und wenn das Wetter mitspiele, dann könne ja quasi nichts schief gehen.
Hallstatt
Das Wetter ist die halbe Miete, das wissen wir – und wir hatten wahrlich Glück. Das erste richtige Frühlingswochenende war uns hold und wir düsten Richtung Salzkammergut. Unbedingt wollten wir uns Hallstatt geben! Und weil wir nie nie nie im Sommer dort aufschlagen würden, nutzen wir die Gunst der Stunde und bogen die paar Kilometer einfach vom Weg ab. Was kann schon sein…
Unser Besuch in Hallstatt, dem so proklamierten „schönsten Dorf Österreichs“, lässt nur erahnen, was hier in den stark frequentierten Sommermonaten los ist. Wir waren freitags hier, im April und das Vormittags und trotzdem war schon gut was los. Wir sind hier nicht blauäugig reingestolpert, nein, wir dachten schon, dass wir hier mit asiatischen Kollegen durchgezogen werden – aber dass hier wirklich so viele an einem Freitag, Vormittag im April aufschlagen, hat uns doch noch gewundert. Noch mehr verwundert hat uns jedoch, dass der ganze Tourismus das Dörfchen offenbar überrollt hat – es gibt viele größere, stärkere touristische Orte, die damit besser umzugehen scheinen. So finden sich in Hallstatt mehr Fast-Food-Buden (Hot Dogs und Co) als richtig ehrliche Gasthäuser. Es scheint eine Cash-Cow Devise zu geben, anstatt den Versuch zu starten, den Erfolg nachhaltig zu bündeln – aber ganz ehrlich, was weiß ein Fremdes. Wir haben dann mit einer sehr netten, aber leicht frustrierten Dame gesprochen, die ihren eigenen Souvenirladen betreibt. Gezeichnet von der Wintersaison blickt sie eher unentspannt auf die bevorstehende Sommerzeit. Sie sagt uns frei von der Leber, dass sie eigentlich nicht mehr gern in Hallstatt lebt – und hätte sie genügend gespart, würde sie wegziehen. Das hat uns dann doch erstaunt – als Souvenirverkäuferin, willst du doch Souvenirs verkaufen? Aber so mag man sich täuschen. Die Problematik wird hier wohl woanders liegen – kennt man doch selbst, die teilweise schäbige Unfreundlichkeiten von Trash-Touristen. Aber auch das ist eine andere Geschichte – lasst uns durch Hallstatt gehen:
Wir haben uns umgesehen – sind durch den winzigen Ort spaziert – haben über die Dirndl-to-go Aktion gelacht und uns geärgert, dass der einzige Ort, den wir wirklich sehen wollten – das Beinhaus – geschlossen hatte. Also haben wir zusammengepackt, den Ausblick auf den See mit einem Lächeln gespeichert und sind Richtung St. Wolfgang abgedüst.
Fazit: Seen that – done that. Kann man schon mal machen – aber vielleicht liegt es am April, aber Hallstatt ist nicht so farbenfroh wie gedacht. Klar, es gibt noch keine Balkonblumen und die asiatischen Dirndl-to-go Damen, waren noch in ihren bunten Pelzmänteln gehüllt, aber die Realität dank des Gespräches mit der Souvenir-Dame war deutlich. Wir haben uns überlegt, ob wir das chinesische Hallstatt mal besuchen sollen, vielleicht ist das idyllischer und kann mit Touristen ein bisschen besser leben und umgehen. Wir wünschen Hallstatt alles Gute, viel Erfolg und jemand der versteht, dass Nachhaltigkeit noch ein bisserl besser ist, als das die quick-and-dirty Strategie. Aber wie gesagt, was weiß ein Fremdes.
St. Wolfgang am Wolfgangsee
Noch ein wenig desillusioniert dank unseres Hallstatt-Besuches ging es Richtung St. Wolfgang. Oder minder desillusioniert, als ein wenig ängstlich, ob denn das touristische St. Wolfgang auch eher schlecht mit seinem Erfolg umgehen kann. Jetzt muss man wissen, dass der weibliche Part unseres Zweiergespanns mit dem Film „das weiße Rössl“ groß geworden ist. Jaja, das sagen hier in Österreich viele, aber bei ihr und ihren Schwestern hat sich der Film und das Lied ins kollektive Gedächtnis und emotionale Wohlbefinden gebrannt. So ist es auch nicht erstaunlich, dass die bereits heranwachsende, nächste Generation mit dem so bekannten Lied von Peter Alexander bespaßt wird – und zwar, seit sie auf der Welt sind. Sollten Nichten und Neffen das irgendwann einmal als Peinlichkeit empfinden, ist uns Tanten das schlichtweg wurscht. Denn wir folgen stets dem Motto „tritt ein und vergiss deine Sorgen! Und musst du dann einmal fort von hier, tut dir der Abschied so weh, dein Herz, das hast du verloren im Weißen Rössl am See“.. oh ok, man merkt, es hat uns gepackt.
Aber nach dem ersten touristischen Volldilemma (in Hallstatt) waren wir weit weniger euphorisch in das zweite zu stolpern. Wie wird St. Wolfgang sein? Wie wird das Weiße Rössl aussehen? Wird das Erlebnis wieder so eigenartig sein und die Frage aller Fragen: Werden wir gut essen?“
Und da landeten wir, in einem Ort der schöner und malerischer nicht sein konnte. Die haben es wirklich kapiert. Da gibt es kein Geschäft doppelt – nein! Jeder Shop hat seine Nische und seine Spezialisierungen und alle können gut davon leben. Dass der Ort keine richtige Strandpromenade hat, macht alles für die Geschäftln im Ort wesentlich leichter, denn so muss jeder Besucher durch den Ort und bei all dem Angebot vorbei. Ach und wie schnell ist so ein Kräutersackerl oder eine selbstgemachte Seife eingepackt. Herrlich. Die Zeit am Seeufer war ein Traum – wettertechnisch so wie kulinarisch. Wir haben das grandiose ‚Seeböcken Hotel zum weißen Hirschen‘ direkt am Wasser aufgesucht. Die EUR 2.-, die du mehr für den See bezahlst, haben wir gern gelöhnt. War das Essen doch vorzüglich. So bekam unser Wochenende endlich die Richtung, die wir uns gewünscht haben. 2 Achterl tiefdunklen Rotwein später und den Blick aufs (originale) weiße Rössl gerichtet, sind wir dann summend in unser Quartier nach Strobl aufgebrochen. Kinder und Familie wartend und bereit für die Abenteuer in der Großfamilie.
Familienaktivitäten am Wolfgangsee
Gutshof Wolfgansee
Genächtigt haben wir auf einem wunderschönen, riesigen Gutshof in Strobl – dem Gutshof Wolfgangsee. Geißleins, Pferde und jede Menge Ponies haben den Kindern (und auch den Erwachsenen) die Augen leuchten lassen. Es war so gut wie nichts los – so konnten unsere Kinder die Aufmerksam der Ponies ganz alleine genießen – und waren herrlich entspannt. Und sind die Kinder entspannt, dann sind es bekanntlich die Erwachsenen auch. Ein herrliches Frühstück tat das seine zur allgemeinen Entspannung bei. Geräumige Zimmer mit kuscheligen Betten und gedehnter Stille krönten den Aufenthalt. Für Familien können wir den Gutshof wirklich empfehlen – wenn jemand Pferde liebt, ist er hier besonders gut aufgehoben. Wenn nicht, auch ok – man sieht sie nur, wenn man wirklich will. Der Gutshof selbst ist so sauber, wie selten ein anderes Hotel und das trotz der ganzen Tiere rundherum. Nur ein paar Minuten vom Ufer des Wolfgangsees entfernt ist er ein guter Ausgangspunkt für ein Wolfganseeerlebnis.
Wildtierpark und Gasthof Kleefeld, Strobl
Und wenn wir gerade von Erlebnissen sprechen: Kinder wie Erwachsene werden den Wildtierpark lieben – und als Onkel und Tante ist man „Held des Tages“, wenn man dorthin fährt. Nur einige Fahrminuten vom Gutshof entfernt, findet sich ein riesiges Areal wieder – traumhafter Ausblick auf die Bergwelt inklusive! Hier gibt es einen Streichelzoo mit Geißleins und Hasen, die so lieb sind, dass unsere Kinder sich sogar das erste Mal getraut haben, die Viecherl zu füttern! Von dort sieht man schon die mächtigen Hirschen in den Gehegen zu denen ein Rundweg führt. Vorbei an Wildschweinen und Fischteichen, Damm- und Rotwild, ist man in 45 Minuten durch den Wildpark spaziert. Der Weg ist auch die Ausgangsbasis für einen weiteren Wanderweg und gar einen Klettersteig. Mit Kindern ist man hier gut zwei Stunden voll beschäftigt, weil sie aus dem Staunen, Schauen und Fragen gar nicht mehr herauskommen. Das beste: die Nutzung des Parks ist tatsächlich kostenlos! Da kehrt man gern in das Gasthaus ein und lässt sich dort mit den Speisen verwöhnen. Auf der Speisekarte: Fisch, Wild, Wildschwein und die Klassiker wie Schnitzel und Co. Moderate Preise und ein tolles Panorama auf der großen Terrasse. Wir waren glücklich und zufrieden. Eindeutige Erlebnis-Empfehlung für Familien!
Bad Ischl – auf den kaiserlichen Spuren
Wenn man schon in der Gegend ist und sich einen Fan der Kaiserzeit nennt, dann muss man wohl in die Sommerfrische-Residenz des Kaisers Franzl, oder? Da der weibliche Part ja nicht nur das weiße Rössl verehrt, sondern auch die Sissi-Trilogie, war das zwangsläufig ein Pflichttermin. Die Familie hat sich netterweise gebeugt und ist mitgekommen.
Die Kaiservilla
Wunderschön – wie so ziemlich alles aus der baulichen Epoche. Der Park lädt zum Spazieren gehen ein und wenn der Brunnen im Sommer plätschert, ist es sicherlich noch ein bisschen schöner. Die Kinder links und rechts im Arm, haben wir diesen Ort genossen und wurden doch glatt über die „Prinzessin Geschichte“ ausgehorcht. Damit gemeint ist die geschönte Lebensgeschichte unserer ehemaligen Kaiserin Elisabeth, die wir fehlerfrei vortragen konnten! Da sagt noch einer, dass sich das hundertmalige Anschauen der Sissi-Teile nicht doch mal lohnt! So wissen unsere Kinderleins nun, dass Sissis Rehbock Xaverl hieß und Gödöllo in Ungarn liegt. Stolz verließen wir diesen schönen Ort, um das nächste Klischee abzufangen…
Grand Café Zauner
Wir haben ja quasi einen latent patriotischen Hintergrund beim Besuch des so berühmten Cafés Zauner: Ist doch der jetzige Besitzer in seiner Abstammung ein waschechter Lungauer. Betritt man das mondäne Lokal, bleibt einem schon mal die Spucke weg. Wirklich elegant renoviert und mit viel Prunk, Glorie und Zuckerguss, erstrahlt dieses Grand Café. Die Kuchentheke ist so enorm groß, dass man gar nicht weiß, wo man zuerst hinschauen soll. Wir sind ja gar nicht so die Süßen, aber es hilft nichts – man muss da durch die Blutzucker-Falle, wenn man schon mal hier ist. So gibt es Erdbeerrolladen und Schokoteile und den absoluten Zuckerschock. Klar, für die Omi gibt es einen kleinen Zaunerstollen (EUR 10.-), der so berühmt ist, wie die Sachertorte. Wobei wir hier sicher sind, dass er in erster Linie ein Mysterium ist. Jeden den wir gefragt haben, der kannte den Zaunerstollen, hat ihn aber noch nie gegessen – auch wir nicht. Aber eins sei euch versichert, wer den Zaunerstollen mit einem fruchtdurchzogenen Stollen verwechselt, der irrt. Der irrt gewaltig. Aber mehr wissen wir auch nicht. Manche Mysterien sollten doch bewahrt werden.
Fazit
Wetter-Glück, kulinarisch ehrlich gut gegessen und rund um den See die Familie genossen. So soll es sein – wir sind glücklich und können jedem das wunderschöne Salzkammergut nur weiterempfehlen. Und den Tourismusverband Wolfgangsee gleich dazu – wir selten so gut und kompetent beraten worden und hatten in Sachen Urlaubsplanung fast nichts mehr zu tun. Außer zu genießen.